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Wie man virtuelle Teamarbeit erfolgreich gestaltet

Von Lisa Handke und Jenny S. Wesche.

Technologischer Fortschritt, Globalisierung, flexible Arbeitsmodelle und nicht zuletzt die Folgen der Corona-Pandemie haben die Zusammenarbeit in modernen Organisationen grundlegend verändert. So arbeiteten 2022 weltweit bereits 27 % aller Beschäftigten größtenteils oder vollständig von zu Hause aus, während sich die Nutzung bekannter Videokonferenzplattformen wie Zoom oder Microsoft Teams gegenüber dem vorpandemischen Niveau mehr als verzehnfacht haben. 

Virtuelle Teamarbeit Team in Präsenz und Team online erfolgreiche Zusammenarbeit

Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland mindestens 40 % aller Jobs zumindest teilweise ins Homeoffice verlagert werden können, was sich auch zunehmend als Erwartungshaltung vieler Beschäftigter abzeichnet. Die Vorteile für Beschäftigte liegen auf der Hand: eine größere Flexibilität in der Gestaltung von Arbeitstag und -umgebung, Zeitersparnis durch den Wegfall des Arbeitsweges sowie die Möglichkeit, private und berufliche Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren. Aber auch Organisationen können sich über entscheidende Wettbewerbsvorteile freuen, wenn sie durch virtuelle Zusammenarbeit auf Fachkräfte aus aller Welt zurückgreifen, durch die hohe Flexibilität an Arbeitgeberattraktivität gewinnen, Büroräume und damit verbundene Unterhaltskosten reduzieren und mit virtuellen Meetings gegenüber Dienstreisen Zeit und Geld sparen können.

Diese Veränderungen treffen auf immer komplexere und dynamische Arbeitsanforderungen, die in der Regel nur kollaborativ, also im Team, gelöst werden können. Das Ergebnis ist eine Zunahme virtueller Teamarbeit, also von Personen, die unter der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT), oft über unterschiedliche Standorte hinweg, an gemeinsamen Projekten und Zielen zusammenarbeiten. Dass ein großer Teil der Kommunikation somit nicht in einer gemeinsamen physischen Arbeitsumgebung und von Angesicht zu Angesicht (Face-to-Face) stattfindet, sondern stattdessen über IKT wie E-Mail, Telefon oder Videokonferenzen vermittelt wird, stellt Teams dabei oftmals vor große Herausforderungen.
 

Welche Herausforderungen birgt virtuelle Teamarbeit?

Viele Theorien zu IKT-vermittelter Kommunikation legen nahe, dass Teams nur dann gut zusammenarbeiten können, wenn sie Kommunikationsmedien nutzen, die den Anforderungen ihrer Arbeitsaufgaben auch gerecht werden. Aufgaben, die komplexer oder unklarer sind und mehr Abstimmung benötigen, brauchen in der Regel eine größere Menge an Informationen, die in hoher Frequenz ausgetauscht werden müssen. Wenn sich Teams beispielsweise zu Beginn eines Projektes über die gemeinsamen Ziele, Aufgaben- und Rollenverteilung klar und einig werden müssen, sollten sie die Möglichkeit haben, sich eindeutig auszudrücken, Unklarheiten durch Rückfragen aufzudecken und Missverständnisse und Konfliktpotenziale möglichst schnell erkennen und beseitigen zu können. Dies geht in der Regel am einfachsten in der Face-to-Face Interaktion, bei der nonverbale (Körpersprache, Mimik), paraverbale (Stimme) und verbale (Inhalte) Hinweisreize in Echtzeit übertragen werden. 

IKT-vermittelte Kommunikation hingegen kann diesen Anforderungen oftmals nicht gerecht werden, da hier in der Regel keine nonverbalen Informationen vermittelt werden können oder (wie im Fall von E-Mails) der Informationsaustausch zudem noch mit zeitlichem Verzug geschieht. Selbst bei IKT, die auch nonverbale Hinweisreize übertragen, wie z.B. Videokonferenzen, können Informationen oft nicht so gut bzw. nicht so natürlich vermittelt werden. So lässt sich vielleicht der Gesichtsausdruck erkennen, jedoch nur ein Bruchteil der Körpersprache. Eine unzureichende technische Infrastruktur (z.B. eine langsame oder instabile Internetverbindung oder Kameras und Mikrofone mit geringer Aufnahmequalität) kann zudem zu einer Verzerrung von Audio- und Bildmaterial sowie zu Unregelmäßigkeiten bzw. Verzögerungen in der Interaktion führen. Fehlende oder unzureichende Vermittlung nonverbaler Hinweisreize macht es jedoch schwer, die Intention und Stimmung des Gegenübers einzuschätzen – vor allem, wenn verbale Informationen nicht eindeutig sind (War das jetzt ironisch gemeint? Ist sie sauer auf mich oder ist sie einfach nur gestresst?). Mangelnde Interaktivität durch die Nutzung asynchroner IKT (wie z.B. E-Mails) oder die unterschiedlichen Tagesrhythmen, die bei der Arbeit im Homeoffice typischerweise entstehen, führt wiederum dazu, dass Rückfragen zu spät oder selten beantwortet und vielleicht gar nicht erst gestellt werden. Und ohne die Arbeit in einem gemeinsamen physischen Arbeitsumfeld fehlen wichtige Kontextinformationen, um die Handlungen anderer besser einschätzen zu können (Reagiert sie gerade nicht auf meine E-Mail, weil sie eine Pause macht oder weil sie nicht mehr arbeitet? Arbeitet er heute später oder ist er krank?).

Ein solcher Mangel an Informationen darüber, was andere Teammitglieder genau meinen oder was sie aktuell tun, denken und fühlen, führt dabei zu einer Reihe von Problemen in der gemeinsamen Aufgabenerfüllung sowie der Entwicklung und Aufrechterhaltung positiver Beziehungen im Team. So kann es schwierig sein, eine gemeinsame Vorstellung von Zielen, Aufgaben und Rollen im Team zu entwickeln, wodurch Teammitglieder wiederum ihre Handlungen nicht sinnvoll miteinander koordinieren können. Auch kann die mangelnde Rückmeldung darüber, ob und wie die eigenen Beiträge von anderen Teammitgliedern wahrgenommen werden, zu Motivationsverlusten führen. Und schließlich kann die stark aufgabenfokussierte und teils eher anonyme Kommunikation leicht als unpersönlich und kalt wahrgenommen werden. Letzteres wird durch die Verringerung informeller Kommunikation, in der man auch persönliche Informationen teilt und die sonst eher bei spontanen Zusammentreffen (z.B. in der Kaffeeküche oder vor Besprechungsbeginn) auftritt, noch weiter verstärkt. Ohne die Möglichkeit, Beziehungen zu den anderen Teammitgliedern angemessen aufzubauen, wird es letztendlich auch schwieriger, sich an das Team gebunden und zugehörig zu fühlen und den anderen Teammitgliedern zu vertrauen.

Wie lässt sich virtuelle Teamarbeit verbessern?

Glücklicherweise zeigt die Forschung aber auch, dass die oben genannten Effekte vor allem dann auftreten, wenn Teammitglieder einander und die (jeweiligen) Aufgabe(n) noch nicht gut kennen und wenig Spielraum darin haben, wie sie ihre Aufgabe(n) ausführen. Es gibt also eine Reihe an Möglichkeiten, wie virtuelle Teamarbeit verbessert werden kann: 

Vertrautheit: Je besser sich die Teammitglieder kennen, desto besser sind sie darin, einander zu verstehen und ihr Kommunikationsverhalten entsprechend anzupassen. Bei hoher Vertrautheit können Teammitglieder auch ohne bestimmte (z. B. nonverbale) Hinweisreize effektiv miteinander kommunizieren, da sie sich auch ohne diese Hinweisreize erschließen können, was ein anderes Teammitglied zu vermitteln versucht: Vertrautheit wiederum erfordert vor allem gemeinsame Interaktionen und Erfahrungen. Besonders zu Beginn der Zusammenarbeit empfehlen sich daher Face-to-Face Treffen, um das Kennenlernen zu beschleunigen und so Vertrautheit aufzubauen. Auch in der IKT-vermittelten Kommunikation empfiehlt es sich explizit Möglichkeiten für informellen Austausch zu schaffen, z.B. Zeit für Small Talk vor oder am Anfang von Videokonferenzen oder geplante virtuelle Kaffeepausen und Mittagessen.

Feedback: Feedback, sowohl über Teamprozesse und -zustände (z.B. Woran arbeiten die anderen Teammitglieder gerade? Wie motiviert sind sie?) als auch über Ergebnisse (z.B. Welche Leistungen hat das Team erbracht? Wie haben einzelne Teammitglieder dazu beigetragen?) kann den Informationsmangel in der virtuellen Teamarbeit gezielt verringern. Durch Feedback können Teammitglieder die aktuelle Situation besser einschätzen (Erreichen wir unser Ziel? Wie geht es den anderen?) und somit ihre Handlungen in Richtung effektiver Zusammenarbeit anpassen.

Autonomie: Je selbstständiger Teams darüber entscheiden dürfen, wie sie ihre Aufgaben ausführen, desto besser können sie insbesondere Koordinationsprobleme untereinander abfangen. So können sich Teams bspw. besser koordinieren, wenn sie selbstständig entscheiden können, wie sie in Abhängigkeit von Aufgabenanforderungen aber auch persönlichen Bedürfnissen welche IKT wann und wofür am besten einsetzen.

Welche zukünftigen Entwicklungen gilt es zu beachten?

Im Nachgang der Corona-Pandemie zeigt sich bei der Mehrheit der Beschäftigten der Wunsch nach einer Mischung aus Arbeit im Büro und im Homeoffice. Die sich daraus ergebende „hybride Teamarbeit“ (d.h., die Zusammenarbeit in unterschiedlichen und wechselnden räumlichen Konstellationen) ähnelt in vielen Aspekten virtueller Teamarbeit, vor allem in der verstärkten Nutzung von IKT, um die Kommunikation mit Mitgliedern im Homeoffice zu vermitteln. Dennoch ergeben sich aus der dynamischen räumlichen Konfiguration des Teams (d. h., an manchen Tagen sind alle Teammitglieder im Büro, am nächsten Tag ist nur ein Teil im Büro, und an anderen Tagen sind alle im Homeoffice) höchstwahrscheinlich Dynamiken, über die wir bisher noch wenig wissen. So zeigt die vergangene Forschung zwar, dass sich bei Standort-verteilten Teams Subgruppen bilden können (bspw. an Standort A und Standort B), die sich miteinander weniger identifizieren und koordinieren, fraglich ist jedoch, welche Konsequenz eine dynamisch wechselnde Zusammensetzung der räumlichen Konfiguration auf eine solche Subgruppenbildung hat. Auch ist nicht gesagt, dass zukünftig Teams nur aus menschlichen Mitgliedern bestehen müssen. Bereits jetzt nehmen IKT nicht mehr nur die Rolle eines Werkzeugs ein, sondern können durch künstliche Intelligenz (KI) eigenständig Aufgaben übernehmen und Entscheidungen treffen. Gerade wenn KI Entscheidungen über an andere Teammitglieder trifft, kommt es zu einer neuen Form der Interaktion, der zunächst mit Befremden, Vorbehalten, Irritationen und auch Ablehnung begegnet wird. Die Untersuchung effektiver, fairer und transparenter Teamarbeit zwischen Mensch und KI wird uns daher in Zukunft sicherlich vermehrt beschäftigen. 

Referenzen

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Prof. Dr. Lisa Handke

Dr. Lisa Handke ist Juniorprofessorin für Wirtschaftspsychologie an der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Im Vordergrund ihrer Forschung steht die Anpassung des Menschen an das virtuelle Arbeitsumfeld und die damit verbundenen Herausforderungen. Dazu gehören Themen wie standortverteilte bzw. ortsunabhängige Teamarbeit, Online-Meetings und die Gestaltung mobiler bzw. hybrider Arbeit 
Foto: Frederike Hennig 

Prof. Dr. Jenny S. Wesche

Dr. Jenny S. Wesche ist Professorin für Wirtschaftspsychologie am interdisziplinären Forschungsschwerpunkt Arbeit - Bildung - Digitalisierung der FernUniversität in Hagen. Ihr Forschungsinteresse liegt im Bereich der Interaktion von Führungskräften und Geführten mit Fokus auf Veränderungen dieser durch die zunehmende Digitalisierung und Automatisierung im Arbeitskontext. 

Foto: FU Berlin, Bernd Wannenmacher

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