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Der neue Einstufungstest für Deutsch als Fremdsprache: E-DaF

Der E-DaF ist ein neues Testverfahren zur Erfassung der Sprachfertigkeiten in Deutsch bei Erwachsenen und älteren Jugendlichen, die Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache lernen, sie aber noch nicht fließend beherrschen. Mithilfe des E-DaF ist es möglich, das sprachliche Kompetenzniveau in Deutsch gemäß dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeRS) auf den Niveaustufen A1 bis B2 einzustufen. Die Autor*innen Wolfgang Lenhard und Alexandra Lenhard beantworten Fragen zu dem neuen Sprachtest in unserem Interview.

Deutschkenntnisse prüfen mit dem E-DAF Gruppe junger multikultureller Menschen lachend

Mit dem E-DaF haben Sie ein neues Verfahren zur Erfassung der Sprachfertigkeiten in Deutsch als Fremdsprache vorgelegt. Worin liegen die Besonderheiten dieses Verfahrens im Vergleich zu anderen Sprachstands- und Einstufungstests?

Der E-DaF stellt im Gegensatz zu den meisten anderen Verfahren zur Erfassung der Sprachfertigkeiten in Deutsch ein Verfahren dar, bei dem wir alle wissenschaftlichen Richtlinien eingehalten haben, die in der DIN 33430 für berufsbezogene Eignungsdiagnostik festgelegt sind. Speziell wird in dieser DIN gefordert, dass Testgütekriterien in Bezug auf Objektivität, Reliabilität, Validität und Testnormierung offengelegt werden müssen. Somit ist die hohe Testqualität des E-DaF im Gegensatz zu den meisten anderen Verfahren auf diesem Gebiet transparent offengelegt und lässt sich von allen Anwenderinnen und Anwendern nachvollziehen. 

Außerdem stellt der E-DaF ein relativ ökonomisches Testverfahren dar, das relativ einfach und ohne viel Aufwand durchgeführt werden kann. 

Beim E-DaF werden Sprachkenntnisse hauptsächlich über das Leseverständnis mithilfe von schriftlich dargebotenen Lückensätzen erfasst. Warum wurde gerade das Leseverständnis als ein Teilbereich von Sprachfertigkeiten ausgewählt?

Das Leseverständnis lässt sich im Gegensatz zum Hörverstehen und zur Sprachproduktion extrem reliabel und objektiv erfassen. Lückensätze sind hierzu hervorragend geeignet. 

Die Bereiche Hörverstehen und Schreib- und Sprechfertigkeiten wurden bei der Testentwicklung weitgehend ausgeklammert. Sind anhand des E-DaF Rückschlüsse auch auf diese Bereiche möglich? 

Im Allgemeinen findet man hohe Korrelationen zwischen Leseverständnis und Hörverständnis. Dies trifft gerade auch für die deutsche Sprache zu, da diese über eine hohe Lauttreue verfügt. Somit können in aller Regel aus dem Leseverständnis recht gute Rückschlüsse auf das Hörverstehen gezogen werden. Außerdem korrelieren auch produktive und rezeptive sprachliche Fertigkeiten hoch miteinander. So konnten wir zeigen, dass die Einstufung der Sprachkompetenz im E-DaF mit der Einstufung durch Sprachzentren sehr hoch korreliert. 

Das Hauptergebnis des E-DaF ist eine Einstufung des Testergebnisses gemäß dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GeRS). Was versteht man darunter? 

Die meisten Menschen kennen zwar nicht die Bezeichnung GeRS, jedoch die Bezeichnungen für die Kompetenzstufen, die im GeRS festgelegt sind. Es handelt sich dabei nämlich um die mit A1, A2, B1, B2, C1 und C2 bezeichneten Sprachlevels, die im Zusammenhang mit Fremd- oder Zweitsprachkompetenzen häufig angewandt werden. So stellt beispielsweise das Level B2 eine häufig geforderte Voraussetzung für die Zulassung zu Ausbildungsplätzen oder Studiengängen dar. Personen auf diesem Level können laut GeRS beispielsweise die Hauptinhalte komplexer Texte zu konkreten und abstrakten Themen verstehen.

Durchführungsvarianten

Der E-DaF steht in einer Standardform mit 102 Items und zwei parallelen Kurzformen A und B mit 51 Items zur Verfügung. Gibt es Empfehlungen, wann welche Version eingesetzt werden sollte?

Zur Ausstellung eines Sprachzertifikats – also zur einmaligen Individualdiagnostik – sollte eigentlich immer die Standardform verwendet werden. Die Kurzformen eignen sich dann, wenn eine Wiederholungsmessung benötigt wird, also z. B. wenn Lernfortschritte dokumentiert werden sollen.

 

Der E-DaF kann sowohl auf Papier als auch computergestützt durchgeführt werden, die Auswertung ist ausschließlich digital möglich. Ist eine der beiden Durchführungsmöglichkeiten zu bevorzugen und wenn ja, warum?

Primär ist der E-DaF eigentlich für die computerbasierte Durchführung konzipiert. Vor allem die Auswertung wird dadurch ökonomisch und hochreliabel. Außerdem benötigt man keine Testhefte. Im Einzelfall kann es aber natürlich vorkommen, dass man größere Gruppen auf einmal testen möchte und gar nicht genügend Rechner zur Verfügung hat. In diesem Fall stellt die Papierversion eine Alternative dar.

Zielgruppe und Anwendungsbereich

Das Verfahren wird bei Personen eingesetzt, die Deutsch noch nicht fließend beherrschen. Bei welcher Personengruppe ist der Test am besten einsetzbar? Gibt es ein „Mindestniveau“ der Sprachbeherrschung, welches vorhanden sein sollte? Gibt es ein „Maximalniveau“, bei dem eine weitere Differenzierung anhand des E-DaFs nicht mehr möglich ist?

Mit dem E-DaF lassen sich die unteren bis mittleren Sprachlevels A1 bis B2 erfassen. Zwar konnten wir in unseren Daten sogar noch zwischen B2 und C1 differenzieren. Allerdings war diese Unterscheidung nicht reliabel genug möglich. Das Sprachniveau C1 wird deshalb im E-DaF nicht ausgewiesen. 

 

Welche Voraussetzungen müssen die untersuchten Personen mitbringen, damit der E-DaF eingesetzt werden kann? Spielt es eine Rolle, welche Muttersprache die Personen sprechen? Was muss hinsichtlich der Lesefähigkeit beachtet werden?

Die Teilnehmer müssen über prinzipielle schriftsprachliche Kenntnisse verfügen, also z. B. lateinische Schriftzeichen interpretieren können. Eine gewisse Hürde stellen die Testinstruktion und das Einholen von Einverständniserklärungen dar, sofern die Sprachkenntnisse noch sehr gering ausgeprägt sind. Für diesen Fall stehen beim E-DaF allerdings auch Instruktionen auf Englisch, Französisch und Spanisch zur Verfügung. Prinzipiell darf die Instruktion sogar auch in andere Sprachen übersetzt werden. Allerdings muss diese Übersetzung dann von der durchführenden Institution selbst erstellt werden.

 

Welche Anwender*innengruppen können mit E-DaF arbeiten und was sind typische Anwendungsbereiche des Sprachtests?  

Ein typisches Anwendungsszenario wäre die Durchführung des E-DaF in Sprachschulen oder universitären Sprachzentren, um Personen, die neu nach Deutschland kommen, in geeignete Sprachkurse einzuteilen. In Firmen kann der E-DaF für die Personalauswahl eingesetzt werden.

 

Sie sind vielen Praktiker*innen bereits als Autor*innen verschiedener Testverfahren und Förderprogramme bekannt, die insbesondere bei Kindern und Jugendlichen angewandt werden (wie ELFE II und ADHS-Test 6-12). Der E-DaF fokussiert dagegen vor allem auf erwachsene Personen, die die deutsche Sprache neu erlernen. Wie kam es dazu, dass Sie sich dieser neuen Zielgruppe und Fragestellung gewidmet haben?

Es gab dafür mehrere Gründe. Einer davon war unsere Arbeit in der Flüchtlingshilfe in den Jahren 2015/16. Wir stellten fest, dass es sehr schwierig ist, den Ankommenden geeignete Sprachkurse zuzuweisen. Ein weiterer Grund bestand darin, dass unsere Mitautorin Leonie Bender zwei Großmütter hat, die aus unterschiedlichen Ländern nach Deutschland eingewandert sind. Die Schwierigkeiten der Integration kennt sie deshalb aus der eigenen Familiengeschichte. 

Auf der einen Seite sehen wir, dass Zuwanderung unsere Gesellschaft bereichern kann. Gleichzeitig gibt es aber natürlich auch zahlreiche Herausforderungen, die damit einhergehen. Der Erwerb sprachlicher Kenntnisse stellt für gelungene Integration einen Dreh- und Angelpunkt dar. Als Ausgangspunkt wird aber verlässliche Diagnostik benötigt. Die Entwicklung des E-DaF stellt deshalb unseren persönlichen Beitrag zum Gelingen von Integration dar. 

Dr. Alexandra Lenhard

Dr. Alexandra Lenhard studierte an der Universität Würzburg Psychologie und Physik. Sie promovierte auf dem Gebiet der Kognitiven Psychologie. Frau Dr. Lenhard arbeitet als selbstständige Unternehmerin auf dem Gebiet der Psychodiagnostik und -intervention im Kinder- und Jugendbereich. Sie ist (Co-)Autorin zahlreicher Testverfahren, Testauswertungs- und Förderprogramme. Außerdem entwickelte sie ein mathematisches Verfahren zur Erzeugung kontinuierlicher Testnormen, das bereits international in zahlreichen Testentwicklungsprojekten angewandt wurde.

Prof. Dr. Wolfgang Lenhard

Prof. Dr. Wolfgang Lenhard studierte Psychologie und Sonderpädagogik an der Universität Würzburg. Sein Hauptinteresse gilt der Diagnostik und Förderung (schrift-)sprachlicher Leistungen und kognitiver Fähigkeiten. Zu diesen Themen publizierte er bisher zahlreiche Fachartikel, Monografien, Testverfahren und Förderprogramme. Prof. Dr. Lenhard lehrt an der Universität Würzburg im Fach Pädagogische Psychologie. Dort liegt sein Schwerpunkt auf Lern- und Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen.

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E-DaF Einstufungstest für Deutsch als Fremdsprache von Wolfgang Lenhard, Alexandra Lenhard, Leonie Bender